Liberty News - Die 3. Säule gerät unter Druck
Der Bundesrat erwägt eine Erhöhung der Steuern, die bei der Auszahlung von Altersvorsorgeguthaben anfallen. Er stellt jedoch klar: Die steuerlichen Abzüge, die Einzahlende in die 2. und 3. Säule heute geltend machen können, stehen mit der geplanten Massnahme nicht zur Disposition.
Verschiedene Medien haben im Oktober 2024 über Erwägungen des Bundesrats berichtet, die Besteuerung von Kapitalbezügen aus den Säulen 2 und 3a an die Besteuerung von Rentenbezügen anzugleichen. Für die «Neue Zürcher Zeitung» etwa ist klar, dass es sich dabei um eine spürbare Verschlechterung für viele Steuerpflichtige handeln würde. Und sie führt an: «Heute wird das ausbezahlte Kapital aus der 2. und der 3. Säule separat vom übrigen Einkommen besteuert, zu einem privilegierten Tarif; bei der direkten Bundessteuer ist es ein Fünftel des ordentlichen Tarifs. Dieses Privileg will der Bundesrat abschaffen.» Künftig aber soll der Bezug des Alterskapitals nicht mehr günstiger besteuert werden als der Bezug der Altersrente, wie die NZZ weiter erklärt: «Dazu soll vereinfacht gesagt das Kapital aus der 2. und aus der 3. Säule auf eine entsprechende Jahresrente nach der Restlebenserwartung umgerechnet werden. Diese Jahresrente wird zum übrigen Einkommen hinzugerechnet. Der Steuersatz, der sich so ergibt, ist massgebend für die Besteuerung des ausbezahlten Kapitals.» Und die «Handelszeitung» rechnet vor: «Wer etwa 140'000 Franken verdient und sich 350'000 Franken auszahlen lässt, soll künftig 17'800 statt 6'580 Franken zahlen.»
Das EFD liefert eine Klarstellung
Das Eidgenössische Finanzdepartement hat (EFD) aufgrund der verschiedenen Medienberichte am 22. Oktober 2024 eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin schreibt das EFD, dass «zum Teil Annahmen getroffen wurden, wie stark die steuerliche Mehrbelastung im Einzelfall ausfallen würde. […] Die vorgeschlagene Massnahme beim Kapitalbezug befindet sich derzeit in einer vertieften Prüfung und es liegt noch keine konkrete Ausgestaltung vor, die es erlauben würde, die Folgen im Allgemeinen und im Einzelfall abzuschätzen.» Beispielweise bleibt abzuklären, ob Kapitalbezüge aus der Säule 3a, 1e-Kaderstiftungen und den Freizügigkeitsstiftungen gleichbehandelt werden können wie jene aus den Pensionskassen, zumal bei der Säule 3a, den 1e Kaderlösungen und den Freizügigkeitkonti anders als bei den Pensionskassen keine Wahl zwischen Kapital- und Rentenbezug besteht. Das EFD kritisiert weiter, dass der Eindruck erweckt worden sei, dass Einzahlende in die 2. und 3. Säule nicht mehr steuerlich profitieren könnten.
Steuerliche Abzüge sollen von der geplanten Massnahme nicht tangiert werden
Für das EFD steht fest: «Die steuerlichen Abzüge, die Einzahlende in die 2. und 3. Säule heute geltend machen können, stehen mit der geplanten Massnahme nicht zur Disposition.» An diesen sowie an der Befreiung der Guthaben von der Vermögenssteuer soll in jedem Fall festgehalten werden. «Damit wird auch weiterhin ein finanzieller Anreiz bestehen, eigenverantwortlich in die Altersvorsorge einzubezahlen», ist das EFD überzeugt.
Bundeshaushalt soll wieder ins Lot gebracht werden
Der Bundesrat hat zur Bereinigung des Bundeshaushalts die Expertengruppe «Ausgaben- und Subventionsüberprüfung» eingesetzt. Diese hat dem Bundesrat rund 60 Massnahmen vorgeschlagen, mit denen der Bundeshaushalt wieder ins Lot gebracht werden kann. Die Expertengruppe kam zum Schluss, dass die Bereinigung des Bundeshaushalts ausgabenseitig erfolgen kann und soll. Doch die Expertengruppe hatte zugleich den Auftrag, bestehende Steuervergünstigungen oder -lücken zu prüfen. Unter anderem hat die Expertengruppe hier die ungleiche Besteuerung von Kapital- und Rentenbezügen aus der 2. und 3. Säule genannt: «Kapitalbeziehende werden heute gegenüber Rentenbeziehenden umso eher steuerlich privilegiert, je höher ihr sonstiges steuerbares Einkommen ist und je grösser das Kapital ist. Bei einer Annäherung an die Rentenbesteuerung würden dem Bund aus der direkten Bundessteuer Mehreinnahmen von 220 Millionen und den Kantonen 60 Millionen zukommen.»
Darf der Staat plötzlich die Regeln ändern?
Wie die NZZ unterstreicht, würde die geplante Änderung für den Mittelstand und die Gutverdiener teuer; diese Gruppen würden empfindlich getroffen. Für sie stellt sich auch die Frage der Verlässlichkeit: «Darf der Staat, nachdem er das steuerprivilegierte private Sparen jahrelang gefördert und die Leute dazu ermuntert hat, plötzlich die Regeln ändern? Wie steht es mit dem Vertrauensschutz?»
Die Politik übt Kritik, wie die NZZ weiter berichtet. Demnach findet etwa die Basler SP-Nationalrätin Sarah Wyss, man könne die berufliche und die private Vorsorge nicht miteinander vergleichen, es seien unterschiedliche Systeme. Die 3. Säule diene dem persönlichen Ansparen und sei wichtig für den Mittelstand. Es gebe für den Bund sinnvollere Möglichkeiten, zu neuen Einnahmen zu kommen, als beim privaten Alterssparen anzusetzen. FDP und SVP stellen klar, dass sie eine höhere Besteuerung von Kapitalbezügen in der beruflichen und in der privaten Vorsorge ablehnen. Und Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy kritisiert die Regeländerung mitten im Spiel, und dass man den sparenden, eigenverantwortlichen Mittelstand schröpfen wolle, wie die NZZ ihn zitiert.
Das EFD räumt ein, dass abzuklären bleibe, ob 3a-Kapitalbezüge gleichbehandelt werden könnten wie jene aus der 2. Säule, und schliesslich seien auch die finanziellen Auswirkungen bei den Kantonen, die über das Steuerharmonisierungsgesetz ebenfalls von dieser Massnahme betroffen wären, zu klären.
Auch Pensionskassen üben Kritik
Für die Pensionskassen ist klar: «Diese Massnahme zielt in die falsche Richtung», erklärt etwa Oliver Bienek, Gründer, CEO und Mitglied des Verwaltungsrats der Liberty Vorsorge AG. Er hebt hervor, dass das Altersvorsorgesystem unter dem demografischen Wandel und den niedrigen Zinsen eh schon leide. Er verweist auf die so genannte Ersatzquote, die stetig sinke. Diese Kennzahl gibt an, welcher Anteil des Lohns aus der Zeit, als jemand noch berufstätig war, nach der Pensionierung durch Renten gedeckt ist. Für die Ersatzquote werden die Renten aus AHV und Pensionskasse zusammengezählt. Und Bienek fährt fort: «Um im Ruhestand den gewohnten Lebensstandard fortsetzen zu können, braucht es deshalb auch die private Vorsorge, beispielsweise mittels der steuerlich geförderten Säule 3a. Das Vorhaben des Bundesrats würde die Säule 3a aber deutlich unattraktiver machen», warnt er.
Bundesrat will Regelung für Kapitalbezüge 2025 in die Vernehmlassung schicken
Der Bundesrat beabsichtigt, das Entlastungspaket und damit auch die Regelung für die Kapitalbezüge im Januar 2025 in die Vernehmlassung zu schicken. «Interessierte Kreise können sich dann in Kenntnis der genauen Auswirkung zu der konkret vorgeschlagenen Massnahme äussern», so das EFD.
Volk könnte das letzte Wort haben
Im Lichte der Vernehmlassungsergebnisse will der Bundesrat beurteilen, ob und in welcher Form er die Massnahme in die Botschaft aufnehmen wird. Das Paket geht dann an die Eidgenössischen Räte zur Beratung. Sollte das Referendum ergriffen werden, hat das Volk das letzte Wort.